Achtes Kapitel

Some people know exactly where they're going
The pilgrims to Mecca
The climbers to the mountaintop
But me, I'm just looking
For just a single moment
So I can slip through time
(aus Life on a String von Laurie Anderson)


Wie kann ich Dir nur dieses Geräusch beschreiben, das letzte Nacht, bzw. in den frühen Morgenstunden von oben durch mein offenes Dachfenster in mein Schlafgemach drang. Ich wachte kurz auf, war aber zu müde die Augen zu öffnen und aus dem Fenster zu sehen. Es war weder ein Rauschen noch ein Gluckern oder Summen, eher irgendwas dazwischen, es klang außerirdisch, wie aus einem Science Fiction. Ich müsste erst ein Wort erfinden, um den Sound beschreiben zu können. Hach, warum nur, bin ich nicht aufgestanden und der Sache nachgegangen! Es war jedenfalls kein bedrohliches Geräusch, nicht so wie dieses seltsame tiefe Brummen, das ich sonst immer in der Nacht höre und das von irgendwo tief Unten heraufdringt und das mich immer richtig froh und  glücklich stimmt, wenn ich es nicht höre. 

So wie jetzt, es ist still und friedlich. Mitunter vergisst man, wie angenehm die Stille sein kann, also vor allem die Abwesenheit von Krach auch wenn (oder vielleicht auch grade dann) es sich babei um einen so subtilen Krach wie dieses fürchterliche, nächtliche Brummen handelt. Denn wäre da ein lauter Krach, könnte man ihn ja auch relativ leicht lokalisieren und gegebenenfalls den Stecker ziehen, wäre da ein Presslufthammer oder ähnliches im Einsatz. Das Aufhalten eines Abrissbaggers oder einer Planierraupe hingegen würde sich schon etwas schwieriger gestalten, vor allem in der Nacht und ohne einsatzbereite Blockadetruppe,  noch wesentlich gefährlicher allerdings wäre es, wenn sich solche Dinger völlig lautlos und unbemerkt heranrobbten, sich ans Umgraben des Gartens und ans Abtragen meiner zertrümmerten Behausung inklusive Gebeine machten und das alles nur, um anschließend einen dieser unansehlichen, protzigen Zocker-Würfel dorthin zu klotzen, wo noch Augenblicke vorher echtes Leben zu finden war - möglicherweise sogar intelligentes.

Das gestern Nacht aber, war etwas ganz anderes, etwas sanftes und geheimnisvolles, sowohl aufregend und energetisierend als auch betörend und beruhigend, bzw ausgleichend - mysteriös, eben wie aus einer anderen Welt. 

So ein Mist, wie konnte ich mich da nur wieder umdrehen und weiterschlaften, ohne nachzusehen und zu -spüren was da draußen über meinem Dach vor sich ging! Habe soetwas auch noch nie zuvor in meinem Leben gehört. Wow.

Ich denke ja schon lange, dass ganz am Anfang gar nicht das Wort, sondern erst einmal der Klang war, aus dem sich dann alles weitere (natürlich auch das Wort)  geformt hat.

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